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Caspar Brötzmann Massaker: it's a love song (Review)

Artist:

Caspar Brötzmann Massaker

Caspar Brötzmann Massaker: it's a love song
Album:

it's a love song

Medium: LP+CD/Download
Stil:

Industrial, Doom Metal, Noise Rock

Label: Exile On Mainstream Records
Spieldauer: LP + CD jeweils 34:29
Erschienen: 20.06.2025
Website: [Link]

„Wenn CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER etwas gemacht hat, dann das: sich nie wiederholt. Ich tauge nicht für Auftragsarbeit, ich tauge nicht dazu, musikalisch erfolgreiche Rezepte zu wiederholen. Ich tauge nicht dazu, mich zu verkaufen. Ich tauge aber dazu, Gitarre zu spielen.“ (Caspar Brötzmann)

Wenn alle Liebeslieder so finster und extrem wie bei dem CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER klingen würden, dann dürften wir wohl bald unsere romantische Seite hinter diesem viel zu oft durchgenudelten Wort „Liebe“ begraben. Nur dass der gute Caspar nicht plötzlich zum großen Romantiker wird, sollte wohl jedem, der dieses musikalische Massaker hinter ihm, das schon seit über einem Vierteljahrhundert zu ruhen schien, bereits kennt, bewusst sein.

it's a love song“ enthält zwei Live-Aufnahmen des jeweils gleichen Songs in sehr unterschiedlicher Lauflänge. Der kürzere (13:41) entstand Anfang des Jahres in der österreichischen Hauptstadt Wien und der längere (17:23) vier Tage zuvor in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden.
Eingeleitet wird das Album von megafinsteren Basstönen namens „Bar Open“, bis es dann ähnlich finster, aber voll überbrodelnder Experimentier- und Improvisationsfreude mit den beiden Live-Versionen von „All This Violence“ weitergeht.

„All This Violence“ drückt nicht nur vom Titel her das pure Grauen aus – es entwickelt sich auch auf der Bühne dazu. Oder um es mit den Worten des Promo-Schriebs auszudrücken: „Archaisch! Infernalisch! Radikal! Konsequent! Mutig...“ Das trifft den Brötzmann-Nagel komplett und frontal auf den Klangmonster-Kopf, der sich als ein wildes Soundgebilde aus verzerrten Gitarren, dumpf dröhnenden Bässen und ein sich durch die Stücke holperndes, experimentell anmutendes, aber beide Live-Songs geschickt zusammenhaltendes Schlagzeugspiel auszeichnet. Dann erhebt irgendwann Brötzmann auch noch seine düstere Stimme, um dem Publikum mehrfach ein: „This is our protest!“ singsprechend entgegenzugurgeln.

Genau das Experimentelle und erschreckend kreativ alle Grenzen Auslotende machte schon immer das CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER aus. Wirkt aber live noch verstörender, zumindest wenn es von Platte und CD kommt, wobei mit der Wahl des Labels 'Exile On Mainstream Records' ein ideale Entscheidung getroffen wurde.

Aus diesem Grunde fühlte sich Brötzmann sicher auch zu aufklärenden Worten genötigt, um bei diesen Aufnahmen nicht falsch verstanden zu werden, da gerade diese beiden unterschiedlichen Live-Longtracks von ein und demselben Song, der all die herrschende Gewalt thematisiert, sich hinter einem Albumtitel, der einem ein Liebeslied verspricht, verstecken. Eine morbide Idee, die ähnlich den morbiden Musikgedanken, die sich breit ausladend auf „it's a love song“ entfalten, entsprechen und beim Hörer einen Hang hin zu Extremen voraussetzen.

Damit man CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER nicht falsch versteht, befindet sich in der LP neben der CD auch ein LP-großes Textblatt, in dem Brötzmann seine Absichten sehr klar erläutert, was dann mitunter so klingt: „...schon nach wenigen Augenblicken wurde mir klar, dass die Live-Aufnahmen, die ich hörte, eine Botschaft hatten, eine Kraft, über aktuelle Ereignisse zu reflektieren. Keine meiner Studioaufnahmen hatte diese Kraft... Ich glaube, ich bin wahrscheinlich schwer zu verstehen... Worte sind natürlich nur ein Werkzeug und ein Mittel zum Zweck, um einen Käfig zu bauen, in den ich nicht treten möchte. Deshalb liebe ich auch die Freiheit der Musik so sehr. Musik kommt einfach so daher und will nichts, braucht keine Erklärung, verlangt nichts. Umso glücklicher bin ich, dass ich auf dieser Platte 'it's a love song' geschrieben habe, und das mit meiner Band Massaker, die immer meine ganz eigene Art war, die Schrecken der Welt zu ertragen. Ich habe das Gefühl, etwas getan zu haben, das sich gegen diese Schrecken auflehnt, und ich hoffe, dass das Album nicht nur das, sondern noch viel mehr vermittelt...“

Wirklich beeindruckende Wort, die sich gerne auch einige andere Musiker auf ihre Fahnen schreiben könnten. Allerdings sind diese Ausführungen auch wichtig, damit eine Beziehung zu „it's a love song“ aufgebaut werden kann und man nicht verunsichert von der Experimentier-Kunst hinter diesem Album ist, das stellenweise wie eine atonale Katharsis klingt, die sich in Hörers Ohrschnecken zu fräsen versucht. Wen das nicht zurückschreckt, der ist auf „it's a love song“ genau richtig. Keine Ohrwürmer weit und breit – sondern eine unerbittliche Herausforderung, um mit Klanggewalt „die Schrecken der Welt zu ertragen“ und sich gegen diese zu stellen. In diesem Falle helfen eben keine Harmonie und Schönklang, sondern nur „Archaisch! Infernalisch! Radikal! Konsequent! Mutig...“!!!


FAZIT: Sie nennen ihr Live-Album „it's a love song“ und lassen dahinter die zwei gleichen, die Gewalt thematisierende, Longtracks „All This Violence“ erklingen. Der eine entstand im Januar 2025 in Wien, der andere kurz zuvor in Dresden. Das CASPAR BRÖTZMANN MASSAKER präsentiert als Trio mit Gitarre, Schlagzeug und Bass eine wilde, sehr experimentelle Mischung aus Doom-Noise-Industrial-Metal mit Botschaft – und die lautet, wie Brötzmann selber betont: „Ich werde nie verstehen, warum Menschen Menschen verletzen, da interessieren meine (vergangenen – T.K.) 25 Jahre eben nicht, höchstens dass ich noch immer gerne Musik mache und mir meine Gitarre, mein Schwert, eben dabei hilft, das alles auszuhalten!“

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 113x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Seite A (17:06):
  • Bar Open (3:25)
  • All This Violence – Live in Vienna (29. Januar 2025) (13:41)
  • Seite B (17:23):
  • All This Violence – Live in Dresden (25. Januar 2025) (17:23)
  • CD (34:29):
  • Bar Open (3:25)
  • All This Violence – Live in Vienna (29. Januar 2025) (13:41)
  • All This Violence – Live in Dresden (25. Januar 2025) (17:23)

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